Welche Vorurteile gibt es in dieser Branche?

Ist-Zustand:

Die Baubranche ist von vielen Vorurteilen geprägt. Manche davon entsprechen der Realität, während andere auf Stillepost oder gesellschaftlichen Stereotypen basieren. Diese Vorurteile haben verschiedene Ursachen, die tief in der Gesellschaft verankert sind. Im Folgenden werde ich die wichtigsten Vorurteile aufzeigen, ihre Ursachen erläutern und erklären, inwieweit sie tatsächlich zutreffen.

Genderproblematik

  1. Vorurteil: „Frauen sind in der Baubranche unerwünscht.“

Diese These ist hart formuliert und natürlich nicht bei jedem gleich so stark verankert. Fakt ist jedoch, dass die Baubranche nach wie vor eine Männerdomäne ist. Der Frauenanteil liegt bei unter 20%. Der Ursprung dieses Vorurteils liegt weit in der Vergangenheit: Körperarbeit wurde traditionell als Männerarbeit betrachtet. Dieses Gedankengut ist bis heute in vielen Köpfen verankert.

Fakt oder Vorurteil?

  • Fakt: Der niedrige Frauenanteil in der Baubranche und die historische Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen in handwerklichen Berufen bestätigen dieses Vorurteil.
  • Gegenargument: In den letzten Jahren gibt es jedoch immer mehr Initiativen, die Frauen für Berufe in der Baubranche gewinnen wollen. Der Trend geht in Richtung mehr Diversität und Frauen werden zunehmend in die Branche integriert, was auch zu einer besseren Gleichstellung führt. Vieles hat sich bereits verbessert und in vielen Bauunternehmen wird mittlerweile aktiv auf Diversität und Inklusion geachtet. Die Bauunternehmen sind froh über jegliche Flinta-Person in ihrem Team.

Rassismus / Diskriminierung

„Wenn du nicht mehr für die Schule tust, landest du genau dort, wo dieser Mann steht, hinter der Theke und nicht im Gymnasium.“
Diskriminierung und Rassismus sind leider auch in der Schweiz alltäglich. Da in der Baubranche viele Personen mit Ausländischenwurzeln arbeitet, ist diese von diskrimierenden Vorurteilen geprägt.

Fakt oder Vorurteil?

  • Fakt: Rassismus und Diskriminierung gibt es überall auf der Welt und sind in den westlichen Ländern tief verwurzelt. Vor allem in Berufen mit niedrigem Status gibt es oft Vorurteile gegenüber Menschen aus bestimmten sozialen Schichten oder mit Migrationshintergrund. Die hohe Schwarzarbeiter*innen Rate hilft dabei nicht. Die Menschen haben Angst vor dem Fremden, wenn sie also an einer Baustelle vorbeigehen, auf der alle in einer fremden Sprache sprechen, haben sie das Gefühl, dass dort nur Ausländer arbeiten, also Menschen ohne entsprechende Ausbildung.
  • Gegenargument: In einem Multikulturellen Umfeld aufzuwachsen hat viele Vorurteile. Es ist eine frage der Gesellschaft dieses Vorurteil verschwinden zu lassen. Zudem wird vieles gegen Schwarzarbeit gemacht.

Unzeitgemässe Arbeitsmodelle

Die Baubranche wird oft als „old-fashioned“ wahrgenommen, da die Arbeitsmodelle viele Jahre lang relativ gleich geblieben sind.

Fakt oder Vorurteil?

  • Fakt: In vielen traditionellen Bauunternehmen gibt es immer noch Arbeitszeitmodelle, die nicht die Flexibilität bieten, die heutzutage in vielen anderen Branchen zu finden sind.
  • Gegenargument: Einige moderne Bauunternehmen haben jedoch bereits auf flexiblere Arbeitsmodelle umgestellt und bieten ihren Mitarbeitenden bessere Arbeitsbedingungen und mehr Flexibilität.

Sonstige Probleme, die den Rückgang verursachen könnten

1. Man ist bei jedem Wetter draussen
Die Arbeit auf Baustellen ist oft extremen Witterungsbedingungen ausgesetzt. Das kann für viele potenzielle Lernende abschreckend wirken, da sie sich körperlich und wetterbedingt herausgefordert fühlen.

Fakt oder Vorurteil?

Fakt: Die Baubranche ist in der Tat häufig den verschiedensten Witterungsbedingungen ausgesetzt, was die Arbeit erschwert und für viele weniger attraktiv macht. 

Gegenargument: Trotz der Wetterbedingungen bieten viele Bauunternehmen moderne Schutzmassnahmen, wie zum Beispiel wetterfeste Arbeitskleidung und angepasste Arbeitszeiten, um den Arbeitnehmenden das Arbeiten unter extremen Bedingungen zu erleichtern. Zudem haben die meisten Bauuntnehmen mindestens zwei Wochen Winterferien. 

2. „Mit einem Studium hat man bessere Zukunftaussichten“

Die weit verbreitete Meinung, dass nur eine akademische Laufbahn zum Erfolg führt, ist leider nach wie vor präsent. Dabei wird oft unterschätzt, dass auch in der Baubranche Fachkräfte sehr gefragt sind – was sich ebenfalls positiv auf die Löhne auswirkt.

Fakt oder Vorurteil?

  • Fakt: Der körperliche Arbeitsaufwand auf Baustellen sowie die allgemeine Tendenz, akademische Berufe höher zu schätzen, sind in der Gesellschaft weit verbreitet.
  • Gegenargument: Die Baubranche bietet stabile, gut bezahlte Arbeitsplätze für Fachkräfte, und es gibt zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten. Ein Handwerksberuf kann genauso zu einer erfolgreichen Karriere führen wie ein akademischer Werdegang. Zudem wird es die Baubranche immer geben und es werden immer Arbeitendnehmenden benötigt.

3. Körperliche Anstrengungen und das Arbeiten bis zur Rente
Das Arbeiten auf dem Bau ist körperlich anspruchsvoll, und viele befürchten, dass dies zu langfristigen gesundheitlichen Problemen führen könnte.

Fakt oder Vorurteil?

  • Fakt: Es ist richtig, dass körperliche Arbeit im Baugewerbe mit höheren physischen Belastungen verbunden ist, was langfristig gesundheitliche Auswirkungen haben kann.
  • Gegenargument: Viele Bauunternehmen bieten mittlerweile Gesundheitsprogramme an und achten auf ergonomische Arbeitsweisen, um die Belastung für die Arbeitnehmenden zu verringern. Zudem gibt es in der Branche auch die Möglichkeit, in weniger körperlich belastende Tätigkeiten, wie etwa in Planungs- oder Verwaltungspositionen, zu wechseln

Trotz der Tatsache, dass die meisten der von mir aufgezählten Punkte Fakten waren, wurden sie oft überspitzt dargestellt. Zudem gibt es viele positive Aspekte, die diese negativen Punkte entkräften. Leider neigen Menschen dazu, sich an den negativen Aspekten aufzuhängen, was bedauerlich ist. Dies macht es zum Beispiel schwierig, in naher Zukunft mehr Frauen für die Baubranche zu gewinnen, da sie durch solche Vorurteile abgeschreckt werden.

«Aber die Vorurteile halten sich hartnäckig in den Köpfen von Eltern, Jugendlichen und teilweise auch von Berufsberatern und Lehrpersonen.»